WIEDEREINBÜRGERUNGEN GEMÄSS ARTIKEL 116 Abs. 2 GG
Besondere Bestimmungen gelten für ehemalige deutsche Staatsbürger und deren Nachkommen, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 aufgrund der Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen wurde. Art. 116 Abs. 2 Grundgesetz („GG“) besagt:
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.
Es handelt sich bei einem Antrag gem. Art. 116 Abs. 2 GG um eine Anspruchseinbürgerung.
Eine leichtere Einbürgerung für Nachkommen von NS-Verfolgten ist nun ermöglicht
In jüngster Zeit haben im Zuge von BREXIT und anderen politisch spaltenden Entwicklungen die Anfragen nach dem Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zugenommen. Am 30. August 2019 hat das Bundesinnenministerium neue Regeln erlassen, die die Kategorien der Nachkommen von Opfern nationalsozialistischer Verfolgung, die berechtigt sind, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten oder wiederherzustellen, klarstellen und erweitern.
Betroffene Personen, die von den Änderungen profitieren, sind:
- Kinder, die vor dem 1. April 1953 in Ehe mit deutschen Müttern, deren Staatsbürgerschaft widerrufen wurde, und ausländischen Vätern geboren wurden;
- Kinder, die vor dem 1. Juli 1993 unehelich mit ausländischen Müttern und deutschen Vätern geboren wurden, deren Staatsbürgerschaft widerrufen wurde; vorausgesetzt, die Vaterschaft solcher Kinder wurde nach deutschem Recht anerkannt und festgestellt, bevor das Kind 23 Jahre alt wurde; und,
- Kinder eines deutschen Elternteils, die aufgrund der Verfolgung im Nationalsozialismus die ausländische Staatsbürgerschaft erworben und ihre deutsche Staatsbürgerschaft verloren haben, einschließlich der Kinder, deren Mütter infolge dieser Verfolgung ausgewandert sind und vor April ihre deutsche Staatsbürgerschaft durch Heirat mit einem ausländischen Mann verloren haben 1, 1953.
Zu den Begünstigten dieser Änderungen zählen ebenso die Nachkommen von Personen in diesen Kategorien bis zu einem Generationsschnitt gemäß §4 StAG[1]. Somit gehören alle Nachkommen zu dieser Personengruppe, unabhängig davon, ob sie in der zweiten, dritten oder vierten oder sogar fünften Generation sind, und können die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben.
Die deutschen Staatsbürgerschaftsgesetze sind komplex. Grundsätzlich wurden während der Nazizeit zwei wesentliche Gesetze erlassen, die zum Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft führten. Zum einen verloren einige Personen aufgrund eines Gesetzes von 1933 ihre Staatsbürgerschaft, als ihre Namen ausdrücklich aufgeführt und anschließend im Reichsgesetzblatt veröffentlicht wurden. Zum anderen wurden nach dem „Elften Dekret zum Reichsbürgerschaftsgesetz“ vom 25. November 1941 viel mehr Personen die Staatsbürgerschaft entzogen. Dieses zweite Gesetz galt für alle jüdischen Deutschen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes außerhalb Deutschlands lebten. Deren deutsche Staatsbürgerschaft wurde automatisch verloren. Dies betraf hauptsächlich Juden, die Deutschland in den Jahren vor Beginn des Zweiten Weltkriegs oder kurz danach verlassen hatten.
Die deutsche Nachkriegsregierung erließ Gesetze, um die Entbehrungen der Staatsbürgerschaft des NS-Regimes in Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz zu beseitigen. In diesem Artikel wird die deutsche Staatsbürgerschaft ehemaligen deutschen Staatsbürgern, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 „aus politischen, rassistischen oder religiösen Gründen“ die Staatsbürgerschaft entzogen wurde, und ihren Nachkommen wiederhergestellt.
Damit sich ein Nachkomme nach diesem Abschnitt für die deutsche Staatsbürgerschaft qualifizieren kann, muss er jedoch grundsätzlich die folgende Frage bejahen können: „Wäre dem Hauptantragsteller eines Einbürgerungsanspruchs nicht die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen worden, wäre dies seine oder haben ihre Nachkommen die deutsche Staatsbürgerschaft von Geburt an nach geltendem deutschen Staatsbürgerschaftsrecht erworben? “.
Nach früheren Gesetzen war es für die jetzt eingeschlossenen Gruppen einfach nicht möglich, diese Frage positiv zu beantworten. Dies lag daran, dass die – damals – geltenden Gesetze Personen in diesen Gruppen nicht erlaubten, bei der Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben. Zum Beispiel konnte man vor 1953 die deutsche Staatsbürgerschaft nur durch väterliche Abstammung erben. Ähnlich ungerechte Ergebnisse entstanden für Personen in den anderen oben beschriebenen Gruppen.
Die Regeln vom 30. August 2019 mildern diese unfairen Ergebnisse und ermöglichen es vielen Antragstellern nun doch eine Antrag auf die deutsche Staatsbürgerschaft einzureichen, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Bemerkenswerterweise gelten die neuen Regeln auch für Kinder deutscher Staatsbürger, die nicht von der NS-Zeit betroffen waren, aber aufgrund früherer verfassungswidriger Abstammungsbestimmungen vom Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft ausgeschlossen wurden. Natürlich ist jede Situation einzigartig und die Navigation durch die gesetzlichen Anforderungen, die Antragsvorbereitungen und auch die entsprechenden Durchführungsvorschriften sind komplex.
[1] Wenn die Eltern selbst nach dem 1. Januar 1999 im Ausland geboren sind und zudem der Lebensmittelpunkt im Ausland liegt: hier erwirbt das im Ausland geborene Kind nicht die deutsche Staatsangehörigkeit; es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Das kann nur abgewandt werden, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird.

ELLEN VON GEYSO, P.A.
Ellen von Geyso, J.D., LL.M.
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